29 Aug
2013

Schluss mit dem Gemetzel! Die außergerichtliche Einigung

Im vorangegangenen Artikel vom 26.8.2013 ging es um ein vernünftiges Trennungsmanagement, an dessen Ende eine außergerichtliche Einigung steht.

Die Gegner außergerichtlicher Einigungen und Verfechter des Kämpfens (vor Gericht und um jeden Preis und aus Prinzip etc.) verwenden gegen eine außergerichtliche Einigung oft folgende Argumente.

Sie wollen nicht:

  • als konfliktscheu gelten  bzw. sehen sie sich als kampfeslustig (Ich lasse mir nichts gefallen.)
  • als feige wahrgenommen werden
  • klein bei geben – es geht ihnen auch ums Prinzip

Von einer gerichtlichen Auseinandersetzung erhoffen sich die meisten:

  • die Herstellung von Gerechtigkeit,
  • Rehabilitation,
  • endlich mit meinem Anliegen von einem Dritten gesehen werden (Ich will, dass der Richter mir glaubt)
  • Frieden (für sich selbst „Das alles wieder gut ist“)

Aus meiner anwaltlichen Erfahrung weiß ich, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung nur das wirklich allerletzte Mittel sein kann, wenn gar nichts mehr geht bzw. als Vehikel zu ernsthaften Verhandlungen. Sie ist im Falle einer Kündigung die Klage notwendiger Teil des Beendigungsrituals, weil man als Arbeitnehmer ohne Klage keine Verhandlungmasse mehr hat.

Will man sich aber trennen und liegt keine Kündigung vor, sondern nur eine Gemengelage an vorgeschobenen Gründen (Abmahnung, Versetzung, fehlende arbeitsvertragsgemäße Beschäftigung usw.), dann kann man theoretisch auch vor Gericht gehen aber die außergerichtliche Lösung ist unbedingt vorzuziehen.

Zum einen bekommt man bei Gericht keine Gerechtigkeit sondern ein Urteil. Das ist etwas ganz anderes. Auch rehabilitiert wird man nicht zwangsläufig und wirklichen Frieden wird man auch in den seltensten Fällen finden.

Der Wunsch und das Streben nach einer außergerichtlichen Einigung ist auch nicht feige., denn „Gericht“ bedeutet zunächst mal „Krieg“ und das Streben nach einer außergerichtlichen Einigung bedeutet „Frieden stiften“. Wenn man sich nun den letzten Artikel vom 26.8.2013 ansieht dann wird schnell klar, dass

vor einem wirklichen Frieden, der am Ende einer außergerichtlichen Einigung idealerweise steht, die Auseinandersetzung und der Konflikt stehen.

Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zum „Gemetzel“: Wenn man es richtig und allseitig macht, dann muss man sich seine eigenen Anteile am Konflikt anschauen. Man muss sich anschauen, was einen an der ganzen Sache und warum so sehr verletzt oder wütend macht. Man muss sich also mit den eigenen negativen Gefühlen auseinandersetzen und versuchen diese anzunehmen. Dann muss man den nächsten äußerst schwierigen Schritt gehen: Man muss sich in sein Gegenüber hineinversetzen, dessen Sichtweise einnehmen und so zumindest versuchen, zu verstehen, warum der so handelt, wie er eben handelt.

Das alles erfolgt neben der rein juristischen Analyse und erfordert vor allem eins von den Beteiligten:

Viel, viel Mut, Risikobereitschaft und eine große Portion Vertrauen.

Und damit ist auch klar:

Es gehört mehr Mut dazu, Frieden zu stiften als Krieg zu führen.

Aber man hat auch die Chance mehr zu bekommen als nur Geld. Man bekommt daneben einen sauberen Abschluss einer Tätigkeit ohne Groll, was für das berufliche Fortkommen wichtig ist (Arbeitgeber kennen sich ggf. untereinander oder man ruft schon mal an …). Man gewinnt Erkenntnisse über sich und sein Gegenüber, die einen in der Persönlichkeitsentwicklung einen großen Schritt weiter bringen können. Dieser Teil ist nicht zu unterschätzen, denn so nebenbei eignet man sich Fähigkeiten an,  die einem in einem neuen Job nützlich sein können.Ein erwachsener Umgang mit Konflikten ist ein rares Gut und kann als Fähigkeit „verkauft“ werden.

Der Weg zum Frieden ist schwierig, strapaziös und auch von Misserfolgen und Rückschlägen gekennzeichnet. Es lohnt sich aber immer wieder den ersten Schritt zu machen. Die Richtung ist um so vieles sinnvoller und gewinnbringender als der  Weg über den Schauplatz der Vermeidungsstrategie (Gemetzel). Mir ist klar, dass es ein Ideal ist, dem ich folge, wenn ich davon ausgehe, dass beide Seiten sich erwachsen, vernünftig und reflektiert verhalten und auch den Mut dazu haben. Das wird oft nicht gelingen.

Aber es gibt noch eine gute Nachricht:

Zum Krieg gehören immer 2, zum Frieden nur einer.

Und auch das hat nichts mit „Eiteitei“ und „klein beigeben“ zu tun. Wenn eine Seite sich selbst in die innere Haltung „Ich will Frieden stiften in meinem Arbeitsverhältnis“, wenn eine Seite also bereit ist, bei sich zu schauen, die eigenen Anteile wahrzunehmen und anzunehmen und Bereitschaft zu zeigen, sich in den Gegner hineinzuversetzen, dann ist viel gewonnen. Zum einen ändert sich dann das eigene Verhalten. Man wird klarer und gelassener und ist nicht mehr ferngesteuert von den eigen Emotionen. Das gibt einem Freiheit für die sachliche Verhandlung und den sachlichen Konflikt. Da beide Parteien sich in ein und dem selben System („System Arbeit“) befinden und nicht isoliert stehen, wird sich der andere Teil automatisch mit bewegen. Auch das ist eine Chance, auch das erfordert Mut aber auch das ist lohnenswerter als „Gemetzel“.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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