7 Nov
2011

Zwei Entscheidungen zur Altersdiskriminierung in Stellenanzeigen

Arbeitgeber sind seit Einführung des AGG stark verunsichert, was man überhaupt noch in Stellenanzeigen hineinschreiben darf. Dass die Angabe von Alterskorridoren („Sie sind nicht älter als….“ oder „Sie sind zwischen … und …..“) als unmittelbare Diskriminierung nicht mehr gestattet ist, leuchtet noch jedem ein. Und es ist auch nachvollziehbar, dass man einem Arbeitgeber, der eine derartige Voraussetzung in seine Stellenanzeige aufnimmt, Altersdiskriminierung unterstellt.

Es gibt aber auch Formulierungen, die keineswegs eindeutig auf eine Altersdiskriminierung schließen lassen und bei der sich der Arbeitgeber vielleicht wirklich nichts gedacht hat. Soll heißen: Auf ´s Alter kam es ihm nicht an aber durch die aus AGG-Sicht verfängliche Formulierung bringt er sich in Teufels Küche. Gemeint sind Formulierungen „Wir bieten Ihnen ein junges Team…“ oder „Wenn Sie gern in einem jungen Team arbeiten …“ oder „Die Stelle eines Junior-Personalreferenten m/w ist zu besetzen….“. Im AGG ist geregelt, dass der Arbeitnehmer, der Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer Diskriminierung geltend machen will, Indizien beweisen muss, die auf eine Diskriminierung schließen lassen. Gelingt ihm das, kehrt sich die Beweislast um. Das heißt, der Arbeitgeber muss jetzt den Vollbeweis dafür erbringen, dass er nicht diskriminieren wollte. Bei Stellenanzeigen mit diskriminierendem Inhalt gilt: Wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass der Inhalt einer Stellenanzeige grundsätzlich geeignet ist, zu diskriminieren, kommt es zur Beweislastumkehr. Steht in der Anzeige „Sie sind nicht älter als…“ wird damit schon die Altersdiskriminierung vermutet. Der Arbeitgeber kann sich nun fast nicht mehr aus der Affäre ziehen. Er müsste nämlich nachweisen, dass sich er VOR Aufgabe der Stellenanzeige Gedanken über die Formulierung „Sie sind nicht älter als …“ gemacht hat und dass er durch allein sachliche Gründe zu dieser Formulierung gekommen ist. Das Ganze muss dokumentiert sein. In der Regel gibt es diese Dokumentation nicht. Es wird sogar überlegt, ob der Arbeitgeber, der einmal eine diskriminierende Stellenanzeige aufgegeben hat, sich überhaupt mit Erfolg rechtfertigen können soll. Es wird nämlich die Ansicht vertreten, dass ein derartiger Verfahrensfehler (Stellenanzeige mit diskriminierendem Inhalt) nicht geheilt werden kann.
Die nahezu einzige Chance für den Arbeitgeber ist also, es gar nicht erst zur Beweislastumkehr kommen zu lassen. Lässt man eindeutige Altersdiskriminierungen weg, ist man aus dem Schneider.

Was ist aber nun mit Formulierungen, wie „Wir bieten Ihnen ein junges Team…“ oder „Wenn Sie gern in einem jungen Team arbeiten …“ oder „Die Stelle eines Junior-Personalreferenten m/w ist zu besetzen….“? Zwei Landesarbeitsgerichte haben dazu vollkommen unterschiedliche Ansichten:

Das LAG Hamburg (Urteil vom 23.6.2010, 5 Sa 14/10) hatte darüber zu entscheiden, ob die Formulierung „Wir bieten Ihnen: … die Möglichkeit eigene Ideen und Vorstellungen in ein junges, erfolgreiches Team einzubringen.“ Schon eine Altersdiskriminierung darstellt und damit zur für den Arbeitgeber verhängnisvollen Beweislastumkehr führt. Der Arbeitgeber hatte sich durch das Argument gewehrt, dass „junges Team“ sich darauf bezieht, dass es das Team noch nicht lang gibt und des Weiteren die Formulierung „junges Team“ nicht im Anforderungsprofil stand, sondern unter der Rubrik „Wir bieten Ihnen…“. Das LAG Hamburg meinte, dass es zwar denklogisch nicht ausgeschlossen ist, dass mit „junges Team“ der zeitliche Bestand des Teams und nicht die Altersstruktur gemeint ist. Es sagte dann aber weiter, dass doch die Mehrzahl der Leser einer solchen Anzeigen davon ausgeht, dass mit „junges Team“ die Altersstruktur gemeint ist. Der Arbeitgeber musste in dem Fall 5.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen, nachdem er einmal in der Falle saß und aufgrund der vom LAG angenommenen Beweislastumkehr den Vollbeweis hätte antreten müssen, dass er nicht diskriminieren wollte.

Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 21.7.2011, 5 Sa 847/11) hatte darüber zu befinden, ob es grundsätzlich eine Altersdiskriminierung darstellt und somit zur Beweislastumkehr führt, wenn ein Arbeitgeber die Stelle eines „Junior Personalreferent Recruiting“ ausschreibt. Der Arbeitgeber hatte hier argumentiert, dass die Bezeichnung als „Junior …“ lediglich eine betriebliche Hierarchieebene angebe und dass dafür das Alter egal sei. Das LAG ist dieser Argumentation gefolgt. Ich finde dies vernünftig aber auch ein klein bisschen sensationell, denn wie man an dem Urteil des LAG Hamburg sieht, ist es keineswegs selbstverständlich, dass neben einer denkbaren Altersdiskriminierung auch sachliche (und in beiden Fällen näher liegende) Gründe greifen.

Arbeitgebern ist zu raten, sich bei der Formulierung von Stellenanzeigen viel Zeit für die Formulierung zu nehmen und zu dokumentieren, warum die Stellenanzeige so formuliert wurde. Denn auch wenn in der Regel der geforderte Schmerzensgeldbetrag sehr weit von dem schließlich per Gericht zugesprochenen entfernt ist, ist doch ein Prozess stets eine lästige Angelegenheit, die viel Zeit und Energie kostet.


von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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