30 Dez
2013

Arbeitgeber müssen genau arbeiten bei Stichtagsregelung für Sonderzahlungen

Alle Jahre wieder streiten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer um den Anspruch auf Sonderzahlungen. Das Bundesarbeitsgericht hat am 13.11.2013 erneut dazu entschieden (10 AZR 848/12, derzeit nur Pressemitteilung Nr.: 69/13). Das Bundesarbeitsgericht hat klar gestellt, dass es darauf ankommt, wofür es die Sonderzahlung gibt: Soll Betriebstreue belohnt werden? Ist sie Vergütungsbestandteil? Ist sie beides? Je nach dem, zu welchem Ergebnis man kommt, sind Stichtagsregelungen wirksam oder eben nicht.

Der klagende Arbeitnehmer hatte als Controller bei seinem Arbeitgeber gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.9.2010. In den Jahren vor seinem Ausscheiden bekam er seit 2007 eine Sonderzahlung, die als Weihnachtsgratifikation bezeichnet wurde. Die Gratifikation entsprach in der Höhe dem Novembergehalt. Jeden Herbst bekam der klagende Arbeitnehmer einen Brief, in dem die Zahlung und die Zahlungsmodalitäten erläutert wurden. Drei Dinge waren dabei von zentraler Bedeutung:

  1. Die Zahlung sollte an alle Arbeitnehmer erfolgen, die sich zum 31.12. in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.
  2. Hinsichtlich der Zusammensetzung war vermerkt, dass es für jeden Monat 1/12 eines Bruttogehalts gäbe.
  3. Unterjährig eintretende Arbeitnehmer bekamen eine anteilige Zahlung (x/12)

Der Arbeitnehmer verlangte von seinem Arbeitgeber 9/12 eines Bruttomonatsgehalts als Sonderzahlung. Der Arbeitgeber lehnte die Zahlung ab mit dem Hinweis auf de Stichtagsregelung: Der Arbeitnehmer war schließlich schon ab 1.10. nicht mehr beschäftigt. Zunächst unterlag der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht und beim Landesarbeitsgericht.

Vor dem Bundesarbeitsgericht bekam er jedoch Recht. Das Bundesarbeitsgericht qualifizierte die Zahlung nicht als reine Gratifikation, die die Betriebstreue belohnt. Es sah es als erwiesen an, dass es sich um eine Zahlung mit Mischcharakter handele. Zwar sei die Betriebstreue eine Motivation für die Zahlung: Jedoch werde aus der Zusammensetzung der Zahlung (1/12 für jeden Monat geleisteter Arbeit) deutlich, dass die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit zumindest mit vergütet werden sollte.

Handelt es sich um eine Gratifikation, die nur für die Betriebstreue gezahlt wird, sind Stichtagsregelungen wirksam. Handelt es sich um eine Zusatzzahlung für geleistete Arbeit, ist eine Stichtagsregelung unwirksam, denn der Mitarbeiter verdient ja mit jedem Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Da aber die Vergütung für geleistete Arbeit in der Zahlung drin steckt, ist die Stichtagsregelung unwirksam, denn der Arbeitnehmer hatte sich einen Anteil von 9/12 verdient.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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